Prostatakrebs: Neuer PSA-Zuckertest
Bluttest zur Früherkennung
Ein neuer Bluttest sorgt aktuell für Aufsehen in der Prostatakrebsforschung. Ein wissenschaftliches Team der University of Birmingham‘s School of Chemical Engineering um Prof. Paula Mendes hat eine Methode entwickelt, Veränderungen bestimmter Zuckerarten an PSA-Molekülen aufzuspüren, die im Zusammenhang mit Prostatakrebs stehen. Ziel des Tests ist es, eine Krebserkrankung früher und genauer festzustellen und einen wichtigen Beitrag in der Erkennung von Prostatakrebs zu leisten.
Bei den untersuchten Zuckerarten handelt es sich um so genannte Glykane, komplexe Kohlenhydratverbindungen. Laut Prof. Mendes kann ein PSA-Molekül bis zu 56 Glykane an sich binden. Nur vier von ihnen weisen auf eine Prostatakrebserkrankung hin. Mit dem neuen Testverfahren soll es jetzt möglich sein, diese vier mit Gewissheit zu identifizieren. Und nicht nur das Vorhandensein der Krankheit könne durch den Test untersucht werden. Er soll auch Hinweise darauf geben, wie aggressiv und fortgeschritten der Krebs ist. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes veröffentlichte das Team in der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials.1,2
Warum ist dieser Forschungsansatz so bahnbrechend? Bisher kommt in der Vorsorge und Kontrolle von Prostatakrebserkrankungen der klassische PSA-Test zum Einsatz. Er misst den Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut.
Ist der Wert erhöht, besteht Verdacht auf eine Erkrankung oder einen Rückfall. Allerdings können auch andere Faktoren zu einem erhöhten PSA-Spiegel führen. Dazu gehören gutartige Prostatavergrößerungen, Entzündungen oder auch physischer Druck auf die Prostata durch Fahrradfahren oder eine Tastuntersuchung. Aus diesem Grund ist die richtige Interpretation der Werte besonders wichtig. Die Ergebnisse einzelner PSA-Tests können zu falsch positiven Befunden führen, das heißt, es wird eine Erkrankung vermutet, obwohl keine vorliegt. Auch passiert es, dass Tumore, die zunächst nicht behandelt werden müssten, durch PSA-Tests aufgespürt werden und Therapien eingeleitet werden. Der Patient nimmt also in diesen Fällen die Nebenwirkungen der Therapien in Kauf, obwohl es nicht sein müsste. Diese Faktoren sowie eine mittlerweile widerlegte Studie aus dem Jahr 2009 haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der PSA-Test in die Kritik geraten ist. Doch der PSA-Test und die im Rahmen von Kontrolluntersuchungen erfasste PSA-Verdopplungszeit können als wichtige Werkzeuge im Kampf gegen den Prostatakrebs dienen: So bestätigte auch die Neuauswertung der Daten aus bisherigen Studien, dass die frühere Erkennung von Prostatakrebs durch PSA-Tests die Sterblichkeit erheblich reduzieren kann.3
Der erfolgreiche Einsatz des Zuckertests könnte die Medizin im Wettlauf gegen den Prostatakrebs nun einen weiteren Schritt vorwärts bringen. Durch das Aufspüren der entsprechenden Glykane werden die Tests wesentlich genauer. So können sie anzeigen, wer dringend eine Behandlung benötigt und welche Tumore weniger aggressiv sind, sodass engmaschige Kontrollen zunächst ausreichen.
Bisher gibt es keine klinischen Studien zu dem neuen Verfahren und der Test muss weiter geprüft werden, bevor er in den Praxen angeboten werden kann. Im nächsten Schritt führen die Forscher deshalb Studien an klinischen Proben durch. Ist der Einsatz erfolgreich, könnte der Test in Zukunft eine neue Option in der Prostatakrebsvorsorge werden.
1https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adfm.202002298
3https://prostata-hilfe-deutschland.de/psa-test-ja-oder-nein/
Videotipp: Rund um den PSA-Wert
Wir haben dem PSA-Wert eine gesamte Folge wertvollER TV gewidmet. Darin werden alle aufkommenden Fragen vom Urologen, Dr. Kai-Peter Schuster, beantwortet. Auch die Angst vor dem PSA-Anstieg beleuchten wir.