Blasenschwäche bei Prostatakrebs
Trotz Inkontinenz die Lebensqualität erhalten
Eine viel gefürchtete Nebenwirkung von Prostatakrebs – insbesondere nach Prostata-Operationen oder Bestrahlungen – ist die Harninkontinenz, also die Unfähigkeit Urin vollständig einzuhalten. Diese tritt nach einer Prostata-Entfernung bei etwa 10 bis 20 Prozent der Patienten auf und beeinflusst nicht nur den Alltag des Betroffenen, sondern kann auch emotional eine Herausforderung darstellen. Wir zeigen, welche Wege und Methoden es im Alltag gibt, um trotz Inkontinenz die Lebensqualität zu erhalten und ggf. sogar die Kontinenz wiederherzustellen; und warum Betroffene derlei Beschwerden unbedingt ihrem behandelnden Arzt mitteilen sollten.
Varianten von Blasenstörung bei (fortschreitendem) Prostatakrebs
Die häufigste Form der Harninkontinenz ist die Belastungsinkontinenz. Hier kommt es zu Harnverlust durch Niesen, Lachen, Husten oder körperliche Belastung. Der Schließmuskel kann nach der Prostatektomie (Entfernung der Prostata) geschwächt oder in seltenen Fällen leicht beschädigt sein, daher kann er dem Druck der Blase oft nicht mehr standhalten und es kommt zum unfreiwilligen Urinverlust. Eine weitere Variante der Blasenschwäche ist die Dranginkontinenz, auch hyperaktive Blase genannt. Dabei haben Betroffene sehr häufig den starken Drang, Wasser lassen zu müssen.
Dieses Gefühl kommt meist sehr plötzlich und so stark, dass sich der Urinfluss nicht aufhalten lässt. Diese Form der Blasenschwäche kann unter anderem nach einer Strahlentherapie vorkommen. Die Bestrahlung kann neben der Schließmuskulatur auch das Blasengewebe selbst angreifen, wodurch die Blase sich entzünden und vernarben kann. Die Blase reagiert dadurch schon auf kleine Urinmengen mit dem Drang zum Wasserlassen.
Blasenschwäche ist kein Tabuthema
Blasenstörungen treten nicht allein bei Prostatakrebs-Patienten auf: In Deutschland sind etwa zehn Millionen Menschen von einer Harninkontinenz betroffen. Trotzdem empfinden viele Betroffene Scham und tabuisieren die Inkontinenz. Ein offener Umgang damit kann jedoch eine große psychische Entlastung für den Patienten sein. Das Thema gegenüber den Angehörigen und insbesondere dem behandelnden Urologen anzusprechen, verbessert ihre Lebensqualität. Denn die offene Kommunikation der Blasenschwäche fördert nicht nur die Akzeptanz, sondern führt auch zu Lösungen für den Patienten. Hilfsmittel wie zum Beispiel Inkontinenzeinlagen können die Lebensqualität bei einer Blasenschwäche erheblich verbessern. Es gibt mittlerweile dünne Einlagen, die beim Tragen überhaupt nicht auffallen und nicht nur trocken halten, sondern auch Gerüche neutralisieren.
Wie können Angehörige von Blasenschwäche Betroffene unterstützen?
- Zeigen Sie Verständnis für Scham und besprechen Sie mit dem Angehörigen, was seine Wünsche sind und wie man am besten gemeinsam mit der Situation umgehen kann.
- Gehen Sie offen mit dem Thema Blasenschwäche um und zeigen Sie dem Betroffenen, dass es kein Tabuthema ist.
- Nehmen Sie für den Patienten unangenehme Situationen mit Gelassenheit auf.
- Stellen Sie unterwegs sicher, dass immer eine Toilette in erreichbarer Nähe ist.
- Nehmen Sie unterwegs immer zusätzliche Inkontinenzeinlagen mit.
Mögliche Behandlungen von Blasenschwäche
Im Normalfall ist eine Blasenschwäche nach einer Prostatakrebs-Behandlung nur ein vorübergehendes Symptom. Sollte sich der Zustand jedoch auch nach längerer Zeit nicht verbessern, sollte der behandelnde Arzt zurate gezogen werden. Er kann zusammen mit dem Betroffenen verschiedene Therapieoptionen durchgehen und die individuell passende Behandlungsmethode finden.
Die gute Nachricht: Eine Inkontinenz ist fast immer behandelbar. Ob mit einer Elektro- oder Magnetstimulation, einem minimalinvasiven Eingriff oder durch das Einsetzen eines künstlichen Schließmuskels. Welche Behandlung infrage kommt und auch sinnvoll ist, kann der Arzt des Patienten am besten einschätzen. In vielen Fällen lässt sich das Problem schon mit regelmäßigen Übungen lösen. Denn zu den Beckenbodenmuskeln gehört unter anderem der Blasenschließmuskel. Wer diesen trainiert, wirkt aktiv einer Inkontinenz entgegen. Und nicht nur das, denn ein trainierter Beckenboden fördert neben der Blase auch den Darmtrakt und unterstützt die Sexualfunktion.
Diese Übungen helfen bei Inkontinenz
Das Training sollten Betroffene zunächst sanft angehen lassen. Keine Übung sollte Schmerzen verursachen! Es ist daher auch sinnvoll, sich vorher mit seinem Arzt abzusprechen. Wir zeigen, wie sich einfache Übungen zur Stärkung des Schließmuskels in den Alltag integrieren lassen:
Diese Übung kann schon morgens vor dem Aufstehen im Bett durchgeführt werden. Legen Sie sich dazu auf den Rücken, die Beine sind bei 90 Grad angewinkelt und die Hände liegen auf den Hüften. Ziehen sie den Unterbauch leicht ein und spannen Sie den Blasenschließmuskel an. Hier hilft es sich vorzustellen, man würde bei voller Blase den Urin zurückhalten. Halten sie die Anspannung je nach Kondition für 5-10 Sekunden an und entspannen Sie beim Ausatmen ihre Muskeln wieder. Wiederholen Sie die Übung weitere fünfmal.
Auch diese Übung lässt sich in den Alltag integrieren, beispielsweise durch das Heben von Einkäufen. Die Füße stehen mindestens hüftbreit auseinander. Nun wird der Beckenboden angespannt, ziehen Sie auch dazu den Unterbauch leicht ein und spannen Sie den Blasenschließmuskel an. Die Knie beugen Sie langsam und das Gesäß schiebt sich nach hinten. Hier ist es wichtig, den Oberkörper stets aufrecht zu halten. Greifen Sie nun nach der Einkaufstasche und richten sich langsam wieder mit aufrechtem Oberkörper auf.
Autofahrten oder die Zeit im Wartezimmer lassen sich sinnvoll nutzen, indem Sie eine Übung im Sitzen durchführen. Setzten Sie sich dazu aufrecht hin und spannen Sie, wie bei den anderen Übungen den Unterbauch und den Blasenschließmuskel an. Halten Sie die Spannung für 5-10 Sekunden und entspannen Sie wieder. Wiederholen Sie die Übung 10- bis 15-mal und variieren Sie die Intensität.
Richtig trinken wirkt Blasenschwäche entgegen
Neben den Alltagsübungen gibt es weitere Maßnahmen, die Blasenschwächen entgegenwirken können. Es empfiehlt sich, auf harntreibende Getränke wie Alkohol, Kaffee oder schwarzen Tee zu verzichten. Jedoch ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr trotz Blasenschwäche wichtig. Zu wenig Flüssigkeit verursacht hochkonzentrierten Urin, der die Blase reizen und Entzündungen auslösen kann. Wer trotzdem Sorge hat, viel Flüssigkeit könnte ungewollten Urinverlust verursachen, kann die Zufuhr mehr über den Tag verteilen. Zwischendurch immer wieder einen Schluck Wasser zu trinken, löst weniger Harndrang aus, statt große Mengen auf einmal zu trinken.
Ein Tipp für den Alltag mit Blasenschwäche: Achten Sie beim Husten, Niesen und Lachen darauf, dass der Oberkörper aufgerichtet ist, als würde jemand den Kopf nach oben ziehen. Drehen Sie Ihren Kopf zur Seite und husten, niesen oder lachen Sie in Richtung der Schulter. So wird weniger Druck auf die Blase ausgeübt.